Eine Zeit lang sah es so aus, als würde FM Eduard Miller den Titel auch in diesem Jahr nach Hause schaukeln. Der dreifache Bayerische Meister lag seit Runde 3 im Spitzenfeld und seit Runde 5 auf dem Platz an der Sonne. Der heutige Platztausch an der Tabellenspitze eine Runde vor Schluss kam aus dem Nichts und hat mehrere Schauplätze.
Das erste Kapitel spielte an Brett 2, wo sich Ricardo Friedrich (SC Garching) und FM Lars Goldbeck (SC Bavaria Regensburg) gegenüber saßen. Die beiden blitzten 14 Züge einer Standard-Variante der Caro-Kann-Verteidigung herunter, dergestalt, dass beide im Anschluss mehr Zeit auf der Uhr hatten, als zu Beginn – und verständigten sich dann auf Remis. Beide Verfolger hatten so einen halben Punkt sicher und gehen ausgeruht ins morgige Finale.
An Brett 1 hingegen bekam es Spitzenreiter FM Eduard Miller (SC Erlangen) mit Lennart Uphoff (SC Bavaria Regensburg) zu tun. Auch hier kam Caro-Kann zur Anwendung, allerdings in einer Variante, die der Oberpfalzmeister von 2024 nach eigener Aussage aus den Tiefen der Eröffnungskiste hervorgekramt hatte, eine Computer-Variante, die kaum gespielt wird. Entsprechend war Eduard wohl bereits nach wenigen Zügen aus dem Buch, denn er verbrauchte viel Zeit in der Eröffnung, um die ungewöhnlichen Züge durchzurechnen und die komplexe Stellung zu durchdenken.
Angesichts der Umstände zog er sich aber super aus der Affäre und ging in ausgeglichener Stellung ins Endspiel; nur um dort in Zeitnot eine Figur zu nehmen, die er besser nicht genommen hätte. So konnte Lennart einen Bauern durchbringen; das wollte sich Eduard aber nicht mehr zeigen lassen. Damit war nicht nur die Führung dahin, wir haben nun ein Quartett an der Spitze der Bayerischen Meisterschaft 2024, das nur durch 0,5 Punkte getrennt ist. Mehr Spannung können wir uns für die Schlussrunde kaum wünschen.
Zur Verfolgergruppe gehört ein Pulk aus fünf Spielern mit 5,0 Zählern auf dem Konto, mitten drin U14-Crack Tugrul Türgel (SF München), der heute an Brett 3 gegen FM Robin Schlichtmann (SC Garching) Remis schaffte. Entsprechend finden sich die beiden auf den Positionen 5 und 6.
An Brett 4 bezwang Tobias Ammon (SV Altensittenbach) Michael Vollnhals (MTV Ingolstadt) und bleibt damit auch weiterhin ungeschlagen. Aufgrund etlicher Remis war er zwischenzeitlich etwas zurückgefallen. Mit zwei Siegen konnte er sich inzwischen aber wieder in die Spitzengruppe zurückkämpfen und liegt mit 5,5 Zählern auf Rang 3.
An Brett 5 spielte Florian Gold vom SK Kelheim gegen FM Roland Schmid (SG Post/Süd Regensburg). Diesmal gab es für den Underdog kein Happy End, der Oberligaspieler aus Regensburg holte sich den Punkt und ist mit 5,0 Zählern ebenfalls zur Verfolgergruppe zu zählen.
Selbiges gilt für FM Lukas Schulz (SC Erlangen), der in den letzten Runden etwas hatte abreißen lassen müssen, indessen aber durch einen Sieg gegen Philipp Biedenkopf (SK Passau) wieder bei der Musik ist. Der Fünfte im Bunde der Spieler mit 5,0 Zählern ist erwähnter Ricardo Friedrich (SC Garching).
Hier die Ergebnisse aus Runde 8 von 9 auf einen Blick:
Und die an Spannung kaum zu überbietende Tabelle eine Runde vor Schluss; es ist angerichtet für ein megaspannendes Finale! Das i-Tüpfelchen: es wird kein Fernduell werden, das Führungsquartett kämpft den Titel tatsächlich im direkten Duell aus.
Die letzte Runde beginnt am Samstag bereits um 9 Uhr. Bis dahin müssen auch alle Teilnehmer ausgecheckt haben. Also nicht ideal für Langschläfer.
Unzählige weitere Fotos aus dem Turniersaal sind hier zu finden. Die Partien der ersten zehn Bretter können auf Lichess nachvollzogen werden. Alle weiteren Partien (via PGN) sowie die Runden und Zwischenstände sind auf Chess-Results zu finden.
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