Die Ergebnisse der letzten Wochen haben große Auswirkungen auf das Schach in Bayern. Zeit für ein Interview, Peter Eberl stellt sich Fragen über den DSB-Kongress, die bald kommende neue Mitgliederverwaltung und zwei Schachfestivals, die im Herbst in Bayern stattfinden.
Hallo Peter, der DSB Kongress liegt nun gut zwei Wochen zurück und das neue Präsidium hat seine Arbeit aufgenommen. Wie bewertest du die Ergebnisse in Berlin aus bayerischer Sicht?
Ich bedauere aus bayerischer Sicht, dass Thomas Strobl gegen Jürgen Klüners bei der Wahl zum Vizepräsident Sport unterlag, glaube aber, dass Jürgen das Amt ebenso gut ausüben wird. Ansonsten bin ich mit der Zusammenstellung des Präsidiums zufrieden. Die Wahl von Ingrid Lauterbach (Präsidentin) und Axel Viereck (Finanzen) war erwartbar.
Infobox: Ingrid Lauterbach hat ihre schachlichen Wurzeln beim SK Kulmbach. Als Internationale Meisterin nahm sie sowohl für die deutsche als auch die englische Nationalmannschaft an mehreren Olympiaden teil. Beruflich hat es sie damals auf die Insel verschlagen, zuletzt arbeitete sie vor ihrem Sabbatical als Expertin für Informationssicherheit bei der Deutschen Bank in leitender Position. Sie ist mit dem in München bestens bekannten Schachgroßmeister Klaus Bischoff (FC Bayern) verheiratet. (Photo: Frank Hoppe)
Als Vizepräsidenten Verbandsentwicklung hat sich Guido Springer durchgesetzt. Sein Herausforderer Jörg Schulz ist umstritten, da nach öffentlich zugänglichen Informationen die Vermutung nahe liegt, dass er weiterhin mit Dirk Jordan zusammenarbeitet. Mit diesem liegt der DSB im Rechtsstreit, was keine optimale Konstellation gewesen wäre.
Die von der Geschäftsstelle vorgegebene Reihenfolge der Anträge am Sonntag war m.E. schlecht. Nach dem Haushalt hätte das wichtigste Thema Dewis/Mivis zuerst behandelt werden soll, da dies für die zukünftige Arbeit im DSB von großer Bedeutung ist. Stattdessen wurden unwichtigere oder nicht drängende Themen zuerst abgehandelt und das Thema Dewis/Mivis ans Ende gestellt.
Ein ganz heißes Eisen waren die Beitragserhöhungen und Umlagen. Der Kongress hat sich nach langer Debatte für 2024 auf 3€ geeinigt. Die einen beklagen eine 30% Erhöhung, um gravierende Planungsfehler auszugleichen. Andere meinen, es seien gerade mal 2 Eiskugeln. Wie ordnest du das Ganze ein?
Die 3€ unterteilen sich in 2€ Beitragserhöhung und 1€ für die Neuentwicklung von Mivis/Dewis, da der Dringlichkeitsantrag für eine Umlage unzulässig war. Dass eine Beitragserhöhung nach 10 Jahren unumgänglich war, versteht sich aufgrund der mittlerweile erfolgten Preis- und Lohnsteigerungen fast von selbst.
Mir persönlich wäre auch eine Beitragsbestimmung schon für 2025 in Höhe von 2€ lieb gewesen, da dann mehr Planungssicherheit besteht.
Die Beitragserhöhung gilt für ein Jahr, was kommt ab 2025?
Es gilt abzuwarten, welche Pläne das neue Präsidium entwickelt. Die ausufernden Kosten der vergangenen Jahre sollten so eingegrenzt werden, dass man zukünftig hoffentlich mit 2€ auskommt.
Mivis/Dewis macht seit einiger Zeit massive Probleme. Auf der DWZ-Seite liest man den Satz: ,,Die Mitgliederlisten für bayerische Vereine sind nicht aktuell. Änderungen seit Oktober 2022 können fehlen.” Wie geht es nun weiter?
Die Woche beginnt die Testphase des neuen Mitgliederverwaltungsprogramms NuLiga-light, das im Sommer 2023 eingeführt wird. Das alte Mivis fällt dann Mitte Juli weg. Für Vereine, Kreise und Bezirke kommt in den nächsten Monaten einiges an Arbeit zu. Jeder Verein braucht ab Mitte Juli hierfür einen IT-Administrator mit Zugang, der die Mitgliederverwaltung im eigenen Verein über das Tool managt. Die neue DWZ-Verwaltung mit dem jetzigen Arbeitsnamen nuDWZ wird nach heutigem Stand in knapp einem Jahr eingeführt, d.h. vor der übernächsten Saison. Die DWZ-Sachbearbeiter werden hierfür neue Zugänge erhalten. Für die Vereine soll sich nichts ändern. (nach Infos des Projektleiters Andre Martin)
Auf dem Kongress haben die Finanzen der DSJ mal wieder für Trubel gesorgt, das unseriöse Auftreten einiger weniger Jugendfunktionsträger hat viele irritiert. Wie würde dein Konzept aussehen, um den Diskussionspunkt Zuschuss- und Beitragssystem zu entflechten?
Die U20-Beiträge wurden bisher zu 70% an die DSJ weitergereicht. Zukünftig sollte dies zu 100% erfolgen. Die Zuschüsse würden künftig wegfallen bzw. aktuell nur in der Höhe gewährt werden, dass die DSJ nicht schlechter dasteht als vor der Änderung. Künftig gäbe es für die DSJ dann nur mehr Geld über die Akquirierung neuer Mitglieder oder eine Beitragserhöhung. Damit würde nicht nur viel Bürokratie und Papierkram wegfallen, sondern die DSJ wäre auch von der DSB-Kassenprüfung erlöst. Dafür müsste sie aber wie jeder Landesverband versuchen, mit den vorhandenen Mitteln auszukommen. Ich möchte ausdrücklich keine Schlechterstellung der DSJ, sondern nur mehr Eigenverantwortlichkeit. Ein Landesverband kann ja auch nicht nach Unterstützung durch den DSB schreien, wenn er schlecht gewirtschaftet hat.
Im Herbst sind zwei große Turniere in Bayern geplant. Der Deutsche Schnellschachgipfel soll in Dinkelsbühl – auch mit großer Unterstützung des BSB – stattfinden. Kannst du uns mehr dazu berichten?
Erfreulich ist, dass es nach fünf Jahren Abstinenz endlich wieder ein Amateurturnier des DSB mit rund 300 Teilnehmern in Bayern gibt. Zusammen mit den beiden deutschen Meisterschaften der Damen und Herren im Schnellschach wird es das größte Schachevent in Franken dieses Jahr. Ein großes Dankeschön gilt Franz Ramisch vom SK Dinkelsbühl und den DSB-Organisatoren Gregor Johann und Sandra Schmidt.

Erste Begeisterung löste auch die Nachricht der Vergabe des German Masters nach Rosenheim aus. Ein solch starkes Spitzenevent organisiert sich sicherlich nicht von selbst, allein der Preisfond letztes Jahr betrug über 25.000€ …
Die beiden German Masters-Turniere sind ein Glücksfall und gleichzeitig ein Leuchtturmprojekt für Bayern. Nach dem Ausfall des Schachgipfel gab es die Anfrage des DSB, ob die German Masters in Rosenheim stattfinden können. Die Firma UKA sponsert wie in den vergangenen Jahren in einem erheblichen Maße. Weitere Unterstützung leisten regionale Partner wie die Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling und die Fa. Millennium, die auch die digitalen Schachbretter stellt, mit denen die Partien live im Internet übertragen werden können. Auch der BSB wird vor Ort tatkräftig unterstützen.
Leonardo Costa ist durch seinen hervorragenden Sieg auf der Deutschen Meisterschaft in Magdeburg letztes Jahr qualifiziert. Stehen die anderen Spieler schon fest?
Nein, diese stehen zum großen Teil noch nicht fest. FM Lara Schulze und FM Jonas Rosner sind ebenfalls über die DEM qualifiziert, die übrigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer geben die Bundestrainer voraussichtlich erst im September bekannt. Da der Termin nach Rücksprache mit den Kaderspielern festgelegt wurde, rechnen wir mit vielen starken Nationalspielern.

Welche weiteren bayerischen Leistungsspieler haben gute Chancen von den Bundestrainern nominiert zu werden?
Jana Schneider und Hanna Marie Klek haben als Nationalspielerinnen sicherlich hervorragende Karten. Bei den Herren ist der für Bayern München spielende Niclas Huschenbeth momentan auf Rang 8 der deutschen Eloliste, er könnte Leonardo Costa also Gesellschaft leisten.
Spitzenturniere sind zwar immer ganz nett, kosten aber jede Menge Zeit und Geld. Das bringt der Basis und den Vereinen erstmal gar nichts. Deshalb stellt sich die Frage, wie kann man die Brücke bauen?
Zum einen sind die German Masters ein Leuchtturmprojekt, die Vereinsspieler im südbayerischen Raum begeistern und als Fans mitnehmen. Zum anderen ist lokale und regionale Pressearbeit wichtig, um Schach in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu bringen, von dem auch unsere Schachvereine indirekt profitieren.

Fragen stellte Johannes Pfadenhauer.