Wie fühlt sich das an? Du spielst bei der DSAM in deiner Stadt mit. Du gewinnst die ersten beiden Partien. Du sitzt plötzlich an Brett eins deiner Gruppe. Deine Partie wird live (mit 15 Minuten Verzögerung) im Internet übertragen. So erging es Dr. Jürgen Straub vom TSV Ingolstadt Nord – er spielt am Samstagvormittag in der B-Gruppe ganz vorne, und alle Welt kann ihm zuschauen. Straub, ganz der Routinier, gibt sich vor dem ersten Zug gelassen. “Wahrscheinlich spiele ich d4, wenn mir nicht spontan noch was anderes einfällt.” Es wird dann tatsächlich der Eröffnungszug mit dem Damenbauern, und die Partie kommt in für Straub offenbar bekanntes Fahrwasser. “Ein bisschen” habe er sich vorbereitet, Eröffnungsvarianten wiederholt, sagt er, während schon die DSAM-Hymne “One Night in Bangkok” erklingt.
Die erste Überraschung hat der Lokalmatador – einer von mehreren aus unterschiedlichen Ingolstädter Vereinen – schon zu Beginn erlebt. In der Setzliste tauchte er auf Nummer drei auf. “Ich hatte gedacht, dass ich weiter hinten bin.” Doch mit einer DWZ von 2056 gehört man nun mal zu den Besten der zweitbesten Gruppe. Der Sieg zum Auftakt geriet noch recht souverän. “Am Nachmittag war’s dann schon mal kritisch”, berichtet Jürgen Straub. Auch diese Partie, an Brett zwei, gestaltete er siegreich und stieg damit ans Spitzenbrett auf.
2018 hatte Straub zuletzt bei der DSAM gespielt, seinerzeit in München. Das Heimspiel in Ingolstadt wollte er sich nun nicht entgehen lassen. “Einer der Hauptgründe war, dass ich das neue Maritim sehen wollte”, verrät er. Ein Turnier in der Heimatstadt, das versprach “angenehme, vertraute Umgebung”. So kommt es, dass sich Jürgen Straub wohlfühlt – was man auch in den ersten zwei Runden sah, als er seinen kleinen Heimvorteil ausspielte. Über seine Chancen will er nicht groß sprechen. Klar ist: Mit einem Erfolg in Runde drei würde das Ticket zum Finale in greifbare Nähe rücken.
Dabei wollte Jürgen Straub vor einigen Jahren nicht mehr oft spielen, ließ sich in seinem Verein freiwillig in die Kreisliga-Mannschaft versetzen, in der er aber natürlich Spitzenspieler ist. Jetzt, bei der DSAM kommt ihm seine große Erfahrung zugute – und die könnte ihn von der Kreisliga ins Finale um die Deutsche Meisterschaft führen.