Die Stadt Deggendorf nennt seit Samstagnachmittag eine Autogrammsammlung von hohem Wert ihr Eigen: Vor Beginn der vorletzten Bundesliga-Runde dürfen sich Vertreter der 27 beteiligten Mannschaften sowie Funktionäre in das Gästebuch der Stadt eintragen. Der Mann, der dieses Highlight in die Stadthalle geholt hat, steht daneben und lächelt zufrieden: Johannes Grabmeier, betitelt als “geistiger Vater dieser Veranstaltung”. Im Gespräch gewährt der Vorsitzende des Schachvereins Deggendorf interessante Einblicke hinter die Kulissen eines Denksport-Events.
Es war vor einem Jahr. Frühlingsfest-Zeit in Deggendorf. Johannes Grabmeier sitzt im Festzelt, als er einen Anruf aus München erhält: Der Münchner SC nimmt den Aufstieg in die Schachbundesliga nicht an. Die Tür für den SV Deggendorf steht plötzlich weit offen. Grabmeier spricht sofort mit dem Hauptsponsor Pro Notar und erhält grünes Licht. Zwei Stunden später sagt er zu: Sein Schachverein kehrt ins Oberhaus zurück. Die Bundesliga soll das 100. Jubiläum im Jahr 2025 krönen. Also reicht Grabmeier ein Angebot für die Ausrichtung der Bundesliga-Endrunde ein – und ist ebenfalls erfolgreich. Seitdem laufen die Vorbereitungen auf jenes letzte (wieder Frühlingsfest-)Wochenende im April in Deggendorf. Mittendrin: Johannes Grabmeier, der dafür auch seine gute Kontakte in der Stadt als langjähriges Stadtratsmitglied spielen lässt. Halle, Hotels, Catering – vieles gilt es frühzeitig einzufädeln. Dazu stellt der Diplom-Mathematiker das Budget auf feste Füße, profitiert dabei von Veranstalter-Erfahrungen vorheriger Endrunden.

Dass er ein solches Ereignis nicht im Alleingang stemmen kann, ist dem umtriebigen Vereinschef von vornherein klar. 25 bis 30 Helfer seien eingespannt, verrät er; von den Kartenverkäufern vor Ort bis zum Shuttleservice für die Großmeister. Doch was bringt es dem Verein? “Es hat den Zusammenhalt gestärkt”, meint Johannes Grabmeier, fügt aber hinzu: “So richtig greifen kann man’s nicht.” Allein das Prädikat Bundesligist habe dem Verein bei der Mitgliedergewinnung geholfen, man habe als einziger niederbayerischer Verein eine vierte Mannschaft aufstellen können. Der SV sei für die Bundesliga nicht blind auf Einkaufstour gegangen, sondern setze zum Beispiel auf eine langjährige gute Verbindung nach Serbien. Jetzt muss es “nur noch” mit dem Klassenerhalt klappen – dann wäre es ein perfektes Jubiläumsjahr.
Dass das große Finale im Freistaat stattfindet, freut den BSB-Präsidenten Ingo Thorn. Es sei “nicht selbstverständlich und besonders lobenswert”, dass sich mit dem SV Deggendorf ein Ausrichter für das Event gefunden habe. Die hervorragenden Räume der Stadthallen verleihen der Endrunde nach Thorns Worten einen besonderen Glanz.
Doch eine Frage an Johannes Grabmeier – den Professor für Wirtschaftsinformatik im Ruhestand – ist noch ungeklärt: Wie entwickelt sich bei all dem organisatorischen Einsatz sein eigenes Schach? Da schmunzelt er: “Wenn man älter wird, wird man eben schlechter.” Nach Stationen in Landau-Dingolfing und Bayreuth mit etlichen Landesliga-Einsätzen pausierte er für 14 Jahre, bevor er in Deggendorf wieder einstieg. Seine Erkenntnis: Was in der langen Zeit an Spielstärke verlorengegangen sei, könne man nicht mehr aufholen. Der Routinier Grabmeier konnte den Abstieg seiner Mannschaft aus der Regionalliga nicht verhindern. Dafür hat er in diesem Jahr dafür gesorgt, dass sein Verein bundesweit in aller Munde ist.